Equity – 3 Definitionen eines komplexen Wortes

Equity ist in der englischen Rechtssprache ein recht geläufiges Wort, doch zugleich ein höchst komplexes und ambiges. In diesem Artikel lüften wir das Geheimnis dieses vielfältigen und stark kontextabhängigen Begriffes.
Das Wort equity besitzt mindestens drei Definitionen: eine allgemeine, eine juristische und eine finanzbezogene.

Bedeutung 1: Equity bedeutet allgemeinsprachlich Billigkeit oder Gerechtigkeit.

Equity ist vom Lateinischen aequitas abgeleitet und bedeutet in der englischen Allgemeinsprache Fairness, Billigkeit oder Gerechtigkeit. So heißt equitable allgemeinsprachlich fair, gerecht oder billig. Der Begriff verkörpert das grundlegende Prinzip der Gerechtigkeit und Billigkeit des Rechts, das ein Grundpfeiler aller Rechtsordnungen bildet – das Recht soll ja gerecht und billig sein.

Bedeutung 2: Equity sind Rechtsregeln im englischen Recht

In der englischen Rechtssprache hat der Begriff equity jedoch nicht die Bedeutung von gerecht und billig. Equity ist nämlich zudem ein Fachwort des englischen Rechts und wird von Juristen eben in diesem technischen Sinn gebraucht.

Diese Erkenntnis ist wichtig, wenn Missverständnisse nicht auftreten sollen. In der englischen Rechtssprache bezeichnet der Begriff equity eben nicht das allgemeine Gerechtigkeitskonzept, sondern eine besondere Kategorie der Rechtspflege im englischen Rechtssystems.

Equity (zuweilen im Englischen in diesem Sinne groß geschrieben: Equity) bezieht sich auf eine Rechtsprechung, die den Härten und Lücken, die durch die strengen Regeln des common law entstanden ist, Abhilfe verschaffen soll. Die verfahrensrechtlichen Regeln der königlichen Rechtsprechung (das sogenannte common law) waren historisch in vielen Fällen so rigide und formalistisch, dass sie oft zu Unrecht führten. Um diese zu korrigieren, entstand im Mittelalter in England parallel dazu eine weitere Rechtsprechung, nach der der Richter den Fall in eigenem Ermessen nach Billigkeit (equity) entschied. Wer vor dem common law nicht Recht bekommen konnte, konnte es vielleicht noch vor einem court of equity (etwa ein 'Billigkeitsgericht').

Mit der Zeit kristallisierten sich eigenständige prozessuale Regeln, die sogenannten maxims of equity, heraus, die bis zum heutigen Tag gelten. Heute befinden sich sowohl die Prinzipien des common law als auch die von equity in derselben allgemeinen Gerichtsbarkeit, doch die Prinzipien der beiden bleiben getrennt und sind von den Gerichten separat angewendet. Verfügen die Regeln des common law über keinen einschlägigen Rechtsbehelf, stehen andere bereit ‘at equity’.

Zum Beispiel sieht das common law bei Vertragsbruch (breach of contract) lediglich die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses (rescission) samt Schadensersatz statt der Leistung (monetary damages) vor. Die Parteien stehen im statu quo ante wieder da wie vor dem Vertragsschluss. Doch das will der Kläger oft nicht. Er hätte lieber die Leistung! Daher hat er den Vertrag immerhin abgeschlossen.

Das begehrte Ergebnis wird über equity erreicht, die Erfüllung (specific performance) als Rechtsbehelf vorsieht. Außerdem stehen andere Rechtsbehelfe wie der einstweilige Rechtsschutz nur über equity zur Verfügung.

In der englischen Rechtssprache bedeutet equity nicht Billigkeit

Es geht uns hier darum, dass englischsprachige Juristen der Begriff equity anders verwenden als Laie. Für Juristen besitzt das Wort die technische Bedeutung (Bedeutung zwei), equity ist demnach nicht synonym für billig und gerecht (Bedeutung eins). So ist ‘an equitable decision’ keine ‘gerechte, billige Entscheidung’, wie es der englischsprachige Laie wohl deutet, sondern eine gemäß den Grundsätzen der equity (und eben nicht gemäß denen des common law) getroffene.

So wird das Wort in diesem Sinne am besten auch nicht ins Deutsche übersetzt, sondern als equity bzw. Equity wiedergegeben. 

Bedeutung 3: Equity bedeutet im Finanzwesen Eigenkapital

Als wäre das nicht genug, ist im Finanzwesen die Wortbedeutung völlig eine andere. Diese dritte Bedeutung entspricht ungefähr das deutsche Eigenkapital. Im Bereich des Trading fächert sich diese Bedeutung in mehrere noch spezifischere Bedeutungen auf, was allerdings über den Rahmen dieses Artikels hinausgeht.

In der Wirtschaftswissenschaft bezeichnet equity den Wert (Restbetrag) eines Vermögensgutes nach Abzug aller Schulden. Anders gesagt, sie gleicht der bilanziellen Differenz zwischen dem Vermögen und den Schulden einer Wirtschaftseinheit (dem Reinvermögen).

Beispiel: 

Hat ein Haus einen Marktwert von 500.000 € und der Eigentümer ein Darlehen darauf in Höhe von 200.000 €, beträgt seine equity am Haus 300.000 €.

Equity ist zudem bei Unternehmen ein wichtiges Charaktermerkmal, weil sie häufig zur Berechnung des Unternehmenswerts herangezogen wird. So werden wertvolle Informationen über den wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens geliefert. Dies nennt sich auch shareholders’ equity bzw. owners’ equity.

Das equity interest eines einzelnen Gesellschafters bzw. Aktionärs beziffert die Höhe seiner Anteile an einer Gesellschaft. So stellt die equity die Anteilsverhältnisse der Gesellschafter bzw. Aktionäre dar.

Diese dritte finanzbezogene Bedeutung vom Begriff equity hat sich im Englischen aus der zweiten juristischen fortgebildet. Die durch equity bezeichnete Eigentumsform heißt so, weil sie sich im Mittelalter im Rahmen des equity law (Bedeutung zwei) entwickelte. Wirtschaftsrechtliche Vertragsverhältnisse wurden nämlich durch die courts of equity geregelt. Bei Rechtsstreiten waren diese für die Prüfung der Billigkeit der Vertragskonditionen und deren billige Erfüllung zuständig. So übertrug sich die Bezeichnung equity auch auf das durch solche Geschäfte Erworbene.

Zusammenfassung

Die drei Hauptbedeutungen des Wortes equity und wie sie auf Deutsch heißen:

  1. die allgemeinsprachliche: Billigkeit, Gerechtigkeit, Fairness 
  2. die juristisch-fachsprachliche: equity (Teil des Anglo-amerikanischen Rechts, unübersetzbar)
  3. die finanzbezogene: Eigenkapital

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